andersneu
FACKELN IM STRUM (LETZTE FOLGE)



"charles! ....dir in die augen zu sehen, hier und jetzt!"

"heloise! ...du lebst! du, du, mein glück, von den flammen verschont!"

"charles! ...ich habe dein bild die ganzen jahre im herzen getragen!"

"heloise! ...in meinen einsamen nächten, und es waren viele, dachte ich immer nur an dich!"

"charles! ...in allen meinen stillen momenten, selbst beim abwaschen, über die spüle gebeugt, ja, gerade auch beim abwaschen, warst du mir immer präsent!"

"heloise! ....selbst wenn die täglichen sorgen anbrandeten wie wellen an einen einsamen strand, über allem schwebtest immer nur du!"

"charles! ...selbst bei gewöhnlichen tätigkeiten wie beim schuhezubinden oder wäsche aufhängen, sehnte ich mich nach dir!"

"heloise! ...ich sortierte keine socke, ohne an dich zu denken!"

"CHARLES!"

"HELOISE!"

wir sanken einander in die arme.

"grossartig, grossartig", veronique zog ihre nase hoch, "ihr wisst sogar noch, wie ihr heisst".

der alte morten, der die konversation lächelnd überhört hatte, trat aus dem schatten der ulmen.

"vielleicht sollte ich doch noch ein paar takte sagen. ...die geschichte der drottendingdongholmer geht nun aufs ende zu. charles, mein junge!", tränen plötzlich in seinen augen, mortens gefühle drohten, ihn zu übermannen.

"charles, einer verbindung zwischen dir und heloise steht nichts im wege. du wurdest zwar als ihr bruder erzogen, als erbe von drottendingdonholm, doch bist du es nicht. ....lasst mich erzählen von der nacht, als die gräfin im kindbett starb, als das unglück gross war, und der graf, wie verrückt in seinem beraubtsein, so verzweifelt nach einem erben suchte. auf knien bat er mich, ihm dich, meinen sohn, zu überlassen!"

"oh morten! wie furchtbar!" riefen charles, veronique und ich und die inzwischen eingetroffene märtha wie aus einem munde.

"ach kinder! ich habe alles falsch gemacht", morten kämpfte mit seinen tränen. "ich in meiner not! und frisch verwitwet selbst, ich wusste mir nicht besser zu helfen. ich war so schwach. der graf auf knien vor mir, verrückt vor schmerz, und ach! ...es waren andere zeiten. es brach mir das herz, und doch, du, mein sohn, würdest es einmal besser haben als ich! dieser gedanke hielt mich! ...so gab ich dich hin!"

"oh papa!" rief märtha und griff den schwankenden morten am ellenbogen. wie alt er plötzlich aussah, ganz grau und hundert jahre alt, oder mehr!

"oh papa!" rief charles, "du mein vater! ein ehrsamer dienstbote, ein getreulicher landesverweser! wieviel mehr ist das als ein graf!", und griff morten am anderen ellenbogen.

"mein gott, bin ich froh, dass ich nur eine angeheiratete cousine bin und von aufgeklärter natur. meinem und märthas glück stand nie etwas im wege ausser ein paar lächerlichen konventionen", veronique seufzte erleichtert.

"asche, kinder. asche!", sagte ich.

der kreis der freunde nickte, und keine ohnmacht schnitt mir diesmal die wirklichkeit ab, "alles dahin. alles liegt in rauchenden trümmern. drottendingdongholm gibt es nicht mehr. die alten zeiten sind vorbei."

morten hedderte sich von märtha und charles los, wischte sich mit dem ärmel über die augen und wandte sich fragend an mich.

"heloise, schaffen wir das? was wird kommen?"

ich sprach gelassen weiter, "und es ist gut, dass sie vorbei sind."

"morgen ist ein anderer tag!"


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FACKELN IM STRUM (17)



ich war in einem wunderbaren land. die sonne schien, und die luft war so herrlich. irgendwo musste ein bach verlaufen, ich hörte es fröhlich glucksen. vögel zwitscherten, und es roch so gut, so frisch. ob es geregnet hatte?

"hihihi", etwas kicherte. wie lustig dieser bach doch ist, dachte ich. wie lieblich auch das geräusch der blätter über mir, ich spürte einen sanften wind.

"hihi", machte es wieder mit feinem geräusch, und wie aus der ferne vernahm ich stimmen.

"guck mal, charles, da liegt sie und schläft!"

"oh mein gott, veronique, sie lebt, sie lebt! schau, ganz russverschmiert! aber sie lebt, sie atmet! sie schläft!"

"schlafen ist, glaube ich, untertrieben", kicherte veronique. "wieder mal eine ihrer drottendingdongholmschen ohnmächte. mach was, charles, weck sie auf!"

"aber was soll ich denn machen, ich hab keinen wecker, ich mein, wie mach ich das denn!", charles wurde rot.

"du bist ein solcher stresser, charles", veronique schlug die augen zum himmel, " wecker! mein gott, rüttel sie halt ein bisschen."

"aber ich kann sie doch nicht einfach rütteln, ich meine, ich liebe sie doch, es ist meine heloise!"

"du hättest sie schon viel eher mal ordentlich rütteln sollen, wenn du weisst, was ich meine!"

charles wurde noch röter.

veronique rupfte einen grashalm ab. "hier. kitzel sie ein bisschen. wenn du dich schon nicht traust, sie wachzuküssen, dann machs halt damit."

charles zwirbelte den von veronique angereichten grashalm zwischen seinen fingern. heloise, wie wunderschön sie war, wie die locken um ihren hals spielten, wie ihre haut neben den russflecken noch weisser schimmerte. vorsichtig nahm er den halm zwischen daumen und zeigefinger, kniete nieder, beugte sich vor und näherte sich heloise gesicht. näherte sich heloises nase, näherte sich heloise nasenflügeln. und tupfte ein-, zweimal ganz vorsichtig mit dem halm an heloises nasenloch.

etwas kitzelte mich. aus dem kitzeln wurde ein kribbeln und:

"HAAAAAAAAAAAATSCHIIIIHH"

ich erwachte mit einem gewaltigen nieser. mit einem nieser de luxe, einem ungeheuren riesennieser der extraklasse, der mich in nullkommanix aus meinen schönen träumen in die welt zurück transportierte. ich richtete mich kerzengrade auf, öffnete die augen, sah das blau des himmels wie eine farbvertauschte aureole um ein gesicht, ein menschengesicht, und blickte in augen, so braun, so weltwunderschön braun, und ich rief:

"CHARLES!"

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FACKELN IM STRUM (16)



der dichte rauch machte mich husten. die portiere, deren samtiges material den flammen erst widerständig, dann aber giftig schmorend sich dem feuer hingebend, war kein schutz für mich. keuchend taumelte ich in die mitte des saals.
krachen um mich: das holzgebälk der decke, jahrhundertelang nur mit tragen beschäftigt, jetzt ging es, als hätte es nie etwas anderes getan wie zunder im nichts auf. knacken und krachen, so brutal, so laut, so unaufhaltsam. jeder meiner atemzüge ein furchtbarer schmerz. ich weiss nicht mehr, was ich tat, meine erinnerung, sonst so getreulich, an diesem punkt der geschichte wird sie unklar. ich weiss nur noch, dass ich dachte: wo ist marie-louise?

ich hatte spät gelernt, dass sie marie-louise heisst. ich hatte spät gelernt, dass sie, genau wie ich, eine verwundbare person war. ich hatte spät, zu spät vielleicht, gelernt, dass sie ein mensch mit träumen und hoffnungen war (und wenn diese hoffnungen nur aus einmal-in-paris-tanzen bestanden, wer war ich, zu urteilen).

ich torkelte weiter durch das rotglühende inferno, funkenregen versengte mein haar. und ich fand sie als ein in laken verwickeltes bündel, sie war ohnmächtig geworden. "komm!", sagte ich, hustete ich, röchelte ich: "komm, komm, komm! wir müssen hier raus!", ich versuchte, sie hochzuzerren. "marie-louise!", sie sackte mir schwer in die arme. der rauch machte mir so zu schaffen und die hitze, diese unglaubliche hitze.

dann schwanden mir die sinne. ich kämpfte, aber etwas schwand um mich herum, ich bekam keine luft mehr. mein bewusstsein trieb dagegen, etwas, was mir befahl: los, los, los! du musst! doch der rauch in meinen lungen, er tat so weh. ich kämpfte, ich zerrte. meine entsetzliche hilflosigkeit und dann der gedanke: dann verbrenn ich eben, dann verbrenn ich eben....

plötzlich flüsterte eine stimme:

"heloise, ich hole euch heraus."

"heloise, ich mach das. dann lasst mich gehen."

"heloise, das ist meine gute tat. und dann müsst ihr selber weitersehen."

etwas hob mich, ich war ganz leicht plötzlich. dann fiel ich auf etwas, ich weiss es nicht mehr, auf etwas weiches, so wie wolken, wie kissen? hier setzt meine erinnerung ganz aus. ich weiss nur noch:

ulmen.

ulmen. bäume. richtige, wunderbare bäume. mit grünen blättern, so freundlich rauschend. und luft, köstliche luft.



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FACKELN IM STRUM (15)



"NOSFI!" rief die amme und liess vor schreck beinahe die kerze fallen, "was willst du von mir! tu mir nichts! ich bins doch nur, die arme alte amme!"

ich stutze. es war ja gar nicht nosfi, der mich da anrief, das war die amme selbst! auch wenn sie mich wohl nicht sehen konnte, ich trat ein paar schritte zurück und verbarg mich hinter einer portiere.

"NOSFI! ...ich weiss", die amme sprach eilig, "jaja, ich weiss, ich..., ich hätte das vielleicht doch nicht machen sollen. aber nosfi, ich meine, du hast doch selbst gesehen, wie die mich hier immer alle behandelt haben! ich meine, ich war doch nun wirklich immer der fussabtreter, jetzt mal ehrlich!"

hatten wir die amme wirklich immer so schlecht behandelt? veroniques streiche zum beispiel konnten einen ja schon in den wahnsinn treiben.

"jahre, nosfi, jahre hab ich hier gedient! und was bleibt mir? ...feuchter dank und eine kleine rente. da hab ich zu mir gesagt, marie-louise, das kann ja wohl nicht alles gewesen sein!"

mein gott, dachte ich hinter der portiere, die amme heisst marie-louise mit vornamen. nicht einmal das haben wir gewusst!

"und jetzt will ich nach baden-baden! einmal die welt sehen, einmal raus und die puppen tanzen lassen! ein einziges mal nur! kannst du das verstehen? nosfi? die rauhen decken gegen die seidenen vertauschen, mal was essen, was man noch nie gekostet hat, von dem man immer nur reden hörte! austern und champagner! nicht immer nur mortens gepökelten schweinsfuss!"

zu meiner schande muss ich gestehen, ich bekam plötzlich appetit.

"nosfi, einmal ein kleid mit sieben volants tragen, und keinen unterrock! mal nicht bis nachts um halb zwei socken stopfen! tanzen....ohne schuhe!"

oh, dachte ich, wenn wir dass nur eher gewusst hätten!

"tanzen ohne schuhe!" wiederholte die amme und verhedderte sich fast in ihren laken.

ich schluckte gerührt.

"damals, bevor sie mich an den hof von drottendingdongholm verschleppt haben, da war ich nämlich eine gute tänzerin gewesen! ja, ja! alle haben das gesagt! alle! ...die marie-louise, haben sie gesagt, die muss nach paris!"

hier war ein leben in eine falsche bahn geraten. es tat mir so leid!

"can-can, nosfi, ich kann das noch! pass auf: damm-damm-da-ti-da-da-dah-daaaaaaaaah!"

die amme tanzte, wie ein wirbelwind drehte sie sich, schneller und immer schneller.

"....ohne schuhe!"

sie hob die füsse, ihre beine tanzten, die bettlaken bauschten sich, und die kerze, die sie in der hand hielt, die kerze flog im hohen bogen durch den saal. mitten hinein in den trockenstrauss auf dem kaminsims, der, als hätte er geradezu darauf gewartet, mit hellem knistern sogleich feuer fing. blitzschnell frassen sich die flammen an den fahnentüchern über dem kamin hoch, fanden auch in dem über dem kamin hängenden alten ölschinken nahrung, liefen von da aus mit gierig leckenden zungen über die antiken stofftapeten weiter und setzten den ganzen saal in brand.


"FEUER!!!"



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FACKELN IM STRUM (14)


"AAAAAH!"

die amme erwachte, von ihrem eigenen schrei geweckt.

"böse träume, böse träume!...wo kommen sie nur her! aber HAHAHA, ich pfeif drauf, jahre war ich anständig, hab alles gemacht, die brut aufgezogen, und der junge graf so schön, aber hat mich nicht mit dem hintern angeguckt, nicht mit dem hintern! das war der dank! und jetzt hol ich mir alles, ALLES, bis die letzte pferdeweide verkauft ist! dann pack ich meine koffer und dann gehts ab nach baden-baden!"

sie entzündete eine kerze, raffte das bettlaken um sich und machte sich auf den weg in die küche, "werd mir ein glas wasser holen."

man muss wissen, dass der weg vom ammenzimmer (unterm dach) bis in die küche (im keller) auf schloss drottendingdongholm ein weiter ist. über stiegen und treppen, durch flure, zimmer und säle. natürlich hätte sich die amme auch einfach ein glas wasser aus dem nächstgelegenen badezimmer holen können, aber das tat sie nie und auch in dieser nacht brach sie nicht mit ihrer gewohnheit.

so kam es, dass heloise, die auf der suche nach nosfi im stockfinsteren schloss herumirrte, plötzlich einen schwachen lichtschein wahrnahm, der näher zu kommen schien. näher und immer näher, bis heloise meinte, auch eine flatternde gestalt zu erkennen. "es wird nosfi sein. geister tragen gern weite gewänder, und wie lieb! er leuchtet mir. ich werde ihn ansprechen."

"huhu, nosfi! ich bins!"

die amme erstarrte. völlig in ihren gedanken.....wer rief sie da an inmitten der finsternis? nosfi? ...nosfi, der geist von drottendingdongholm?

"HUHU! HUHUHUUU! NOOOOOSFIII!", rief die nichtsahnende heloise noch einmal.

der amme liefen schauder über den rücken. mit allem hatte sie gerechnet, doch nicht damit! nosfi! war er gekommen, um sie zur räson zu rufen? um ihre pläne zu durchkreuzen?

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FACKELN IM STRUM (13)


"es wird sturm geben heute nacht", sagte ich und wickelte mich fester in mein plaid. morten, dem der in heftigen böen aufkommende wind tränen in die augen trieb, warf einen prüfenden blick in den himmel und nickte. es war fast mitternacht. und ob schon mir klar war, was nun zu tun sei, spürte ich zweifel nagen.

die schnell dahin treibenden wolkenfetzen, für momente hell und scharf umrissen im licht des vollen mondes, dann wieder wie ausgelöscht vor dem nachthimmel, ängstigten mich. die sich überstark biegenden ulmen, in deren zweigen sich der wind in einem klagenden lied verfing, schienen mir zuzurufen: "heloise, heloise! ....lass es sein! geh heim!"

wir wandten uns den anderen zu. charles mit seinem werkzeugköfferchen, märtha und veronique, ich blickte von einem zum anderen. welche entschlossenheit sie ausstrahlten, wie schwach ich mich fühlte.

"heloise, hab keine angst", morten war dicht zu mir heran getreten. "die drottendingdongholmer haben zwar entgegen der familienhistorie noch nie irgendwo einen blumentopf gewonnen, geschweige denn eine schlacht geschlagen, und ich als dienstbote in sieben generationen folge weiss das am besten, dennoch sind sie keine schisser. nosfi wartet und will erlöst werden. wie auch immer die sache ausgeht, etwas gutes wird sie haben."

"wie, noch nie irgendwo was gewonnen", ich war verblüfft, "aber was ist mit ururururonkel eduarde, dem held von austerlitz, seite an seite mit napoleon, der..."

"dein ururururonkel eduarde war mal irgendwann in wandlitz, aber in austerlitz ist er nie gewesen", morten zuckte mit den schultern, "er hats nur nachher überall rumerzählt und so getan als ob, um sich fesch zu geben, wie das so üblich war in der zeit."

"wandlitz, siehste, hab ich doch gesagt", veronique gähnte.

"ist doch sympathisch, dieser ganze heldenschnickschnack ist ja wohl...na egal", sagte charles. "by the way, wenn wir jetzt nicht endlich aufbrechen, können wir die ganze sache vergessen."

der wind blies uns heftig entgegen, als wir zum schloss liefen. ich hob meine hand, um an die schlosstür zu klopfen. doch noch ehe ich sie berührt hatte, öffneten sich die schweren torflügel lautlos und wie von zauberhand.

ich nahm meinen mut zusammen und trat über die schwelle. die eingangshalle lag in völliger dunkelheit. wo war nosfi, ich versuchte mich zu orientieren.

als ich mich umwandte, um die anderen herein zu winken, sah ich gerade noch, wie sich die torflügel wieder schlossen, so lautlos und schnell, wie sie sich geöffnet hatten. doch weder morten noch einer der anderen hatte es geschafft, hinein zu kommen!

ich war allein.

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FACKELN IM STRUM (12)


"NOSFI! wir begrüssen dich", ich nahm meinen ganzen mut zusammen, "NOSFI, ich, heloise, erbin von drottendingdongholm, habe ein anliegen. und nur du kannst mir helfen. willst du das tun und dabei eine wirklich gute tat vollbringen, die dich von deinem geistertum erlösen wird und dir die ewige ruhe bringen?"

"haha", stichelte veronique, "jetzt übertriffst du dich aber selber an geschwollenheit. ...geistertum, meine güte, vielleicht gefällt es ihm ja sogar, ich meine..."

"veronique, halt die klappe!" charles zeigte sich ungewöhnlich forsch, und ich warf ihm einen dankbaren blick zu.

"hört auf, hört auf", unterbrach märtha, "schaut doch, die buchstaben bewegen sich wieder!"

"in der tat", sagte morten, und die runde der freunde beobachtete, wie sich in der mitte des tisches ein N mit einem U zusammenfügte.

"nosfi sagt NU", sagte ich.

"NU, er sagt NU", sagte charles.

und märtha und veronique wie aus einem munde:"NU sagt er!"

"was meint er denn wohl damit", überlegte ich.

"ach, das ist typisch für ihn", klärte morten auf, "unser nosfi gehört ja zur linie der sächsischen drottendingdongholms, ich denke, das ist einfach eine kleine sprachliche besonderheit, die er sich bewahrt hat....ich würde es so interpretieren, dass er den austausch von floskeln und höflichkeiten nun für abgeschlossen hält, und du konkreter werden kannst."

meine stimme hörte sich merkwürdig hoch und dünn an als ich weitersprach: "NOSFI! ich bitte dich, das haupttor für uns zu öffnen. morgen um mitternacht werden wir vor der schlosstür stehen und auf dich warten. willst du das für uns tun?"

täuschte ich mich, oder bebte die tischplatte tatsächlich? die buchstaben ruckelten und zuckelten, doch kein wort wollte sich ergeben. ich fröstelte furchtbar.

veronique und märtha klammerten sich wie instinktiv aneinander, als plötzlich ein windstoss ins zimmer fuhr und das vermeintlich geschlossene fenster mit einem lauten knall öffnete. die gardinen bauschten sich, mortens geranien- und kakteenkästen auf dem fensterbrett wurden zu boden gefegt, und die kerzen erloschen. war ich es, die da schrie?

doch so schnell, wie der spuk kam, ging er auch wieder, als charles seine taschenlampe anknipste, die er immer bei sich führte, hatte der wind sich wieder gelegt.

märtha fasste sich als erste. "schaut auf die buchstaben", sagte sie, "er hat ein JA gelegt!"

"er ist dabei, er macht es", sagte morten. "und er hat uns eine probe seiner kraft gegeben."

"lasst uns schlafen gehen", sagte ich erschöpft, "es kommt eine menge auf uns zu morgen. ...eine menge."

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FACKELN IM STRUM (11)


"NOSFI, der du der einzig wahre geist von drottendingdongholm bist, NOSFI, der du der einzige bist zwischen himmel und erde, der uns helfen kann, NOSFI, ich beschwöre dich! ich, heloise, erbin von drottendingdongholm, erbitte deine hilfe!"

ich konzentrierte mich. wenn charles nur nicht so meine hand drücken würde (gott, jahre hatten wir uns das verkniffen).

"da!" sagte veronique, "die buchstaben! sie bewegen sich!"

tatsächlich ruckelten die buchstaben auf dem tisch und schienen sich zu sortieren.

"das H geht zum U! ....guckt mal!" rief märtha.

mir wurde auf einmal schrecklich kalt.

"weiter, heloise, weiter! nosfi versucht zu antworten!" ermutigte mich morten.

"eindeutig!" sagte charles, "H zu U!"

"NOSFI! sprich zu uns! wir benötigen deine hilfe!" formulierte ich noch einmal.

wie von einem unsichtbaren faden gezogen bewegten sich die buchstaben über mortens esstisch.

"H U"

"H U H"

"HU H"

"HUH"

"HUH U"

"HUHU"

"oh gott", sagte märtha, "nosfi antwortet! er antwortet! er bergrüsst uns! er sagt HUHU zu uns!"

ich zitterte, alles verschwamm um mich.

"na toll", sagte veronique, "HUHU! ...das sagen geister ja wohl immer!"

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FACKELN IM STRUM (10)


"so", der alte morten schüttelte ein säckchen mit scrabble-buchstaben auf den grossen, runden esstisch im wohnzimmer der pächterwohnung, in der sich die gemeinschaft versammelt hatte. charles rückte die stühle zurecht, "setzt euch schon mal probeweise und fasst euch an den händen". und mit einem blick auf die standuhr, "bald ist mitternacht."

"wie? und so lange sollen wir scrabble spielen?" fragte märtha überrascht.

"aus dem alter bin ich aber raus!" veronique verdrehte die augen.

"man ist nie aus dem alter für eine partie scrabble heraus", widersprach charles, "im kongo haben wir uns oft in heissen nächten an einer partie scrabble erfrischt! mbutu und ich..."

"kinder, ihr versteht da etwas falsch", setzte morten an, aber ich unterbrach ihn, "ja! ....gerne scrabble. ein heiteres gesellschaftsspiel wird unseren erregten gemütern gut tun."

"jetzt hör aber auf, heloise!" morten schaute streng. "wir werden nicht scrabble spielen. wir werden eine seance halten. mittels der scrabble-buchstaben werden wir mit nosfi kommunizieren. beziehungsweise er mit uns. er ist ein geist, habt ihr das alle schon wieder vergessen? da muss man sich an die gepflogenheiten halten. wir werden ihn also mit vereinten kräften rufen. und du, heloise, wirst ihn fragen, ob er uns helfen will. du bist die einzig echte erbin von drottendingdongholm. nosfi wird mit seinen telepathischen geisterkräften die buchstaben auf dem tisch bewegen und mit ihnen antworten formen!"

zugegeben, ich hatte gehofft, über einer partie scrabble würde man das anliegen, eine seance zu halten, vergessen.

"hier liegt noch ein x", kicherte veronique und schnippste den buchstaben über den tisch. "das braucht der doch eh nicht!"

"veronique, lass das!" rief märtha. "du weisst doch gar nicht, was nosfi sagen will, vielleicht braucht er das x!"

"ach, komm", sagte veronique.

"na, wenn er zum beispiel "hexe" sagen will, dann braucht er es", bemerkte ich sachlich. und charles fügte hinzu "ein x sollte man sich immer bewahren, wenn er zum beispiel ein wort mit x bilden kann und er kommt damit auf dreifachen wortwert?"

"kinder, ihr...", morten wurde vom schlag der standuhr unterbrochen.

"mitternacht! ....es schlägt mitternacht! schnell, es geht los, jetzt oder nie!" rief veronique.

wir setzten uns um den tisch und fassten uns an den händen.

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FACKELN IM STRUM (9)


"die amme hat sich auf dem schloss verrammelt. das ist stand der dinge", berichtete morten und blickte bedeutungsschwer in die runde der versammelten freunde. "sie hat mich mit einer flammenden standarte zum tor hinaus gejagt, und keine maus kommt jetzt weder raus noch rein. drottendingdongholm ist komplett verriegelt, und die amme sitzt drinnen. vorräte hat sie genug für die nächsten sieben jahre, an wasser mangelt es ihr auch nicht, der brunnen funktioniert ja."

"oh gott, was machen wir denn jetzt", stöhnte veronique, "da können wir ja warten, bis wir schwarz werden."

"als erstes sollten wir die telefondrähte vom schloss kappen, charles, übernimmst du das? sonst verkauft sie uns die weiden unterm hintern weg."

"selbstverständlich mache ich das. ich kann sie ja hinterher wieder reparieren, das ist ein kinderspiel", sagte charles und griff nach seinem werkzeugkoffer.

"moment, moment", sagte ich, "das ist doch nur eine kur, aber keine lösung. wir müssen irgendwie hinein, es muss doch irgendeine möglichkeit geben. geheime wege, tunnel, hintertüren?"

"vergiss es", warf märtha ein, "die geheimen wege gibt es, aber die amme kennt sie alle, die amme kennt alle geheimnisse von drottendingdongholm."

ich seufzte und dachte an napoleon und austerlitz, um mich zu stärken. "durch wände müsste man gehen können. einfach durch die wände."

es wurde still in der runde.

"heloise", sagte morten, "es gibt jemanden, der durch wände gehen kann. man hat ihn lange nicht mehr gesehen auf drottendingdongholm. aber, ich weiss, es gibt ihn noch."

selbst veronique wurde bleich. "du meinst....."

"ja, ich meine!", sagte der alte morten.

mir wurde schwindelig, "nosfi! ....nosfi, der geist von drottendingdongholm!"

"ja, nosfi meine ich", nickte morten, "und ihr wisst alle, dass es ihn gibt. wer von euch hat sich denn nie gewundert über plötzlich umfallende blumenvasen, verlöschende kerzen, ohne das ein wind zu spüren war, und den einen oder anderen verschwunden gegenstand in nächten, in denen der mond besonders hell schien?"

"nein, nein", wehrte charles ab, "das kann doch nicht sein. geister gibt es nicht, das ist doch ein ammenmärchen!"

"vorsichtig", sagte morten, "wir befinden uns schliesslich in einem ammenmärchen."

"jetzt streitet euch nicht", sagte ich, "wie auch immer. nägel mit köpfen! wenn es nosfi gibt, wie kommen wir dann an ihn heran? und überhaupt, warum sollte er uns helfen?"

"nun, es verhält sich so. die letzten jahrhunderte ist nosfi ein bisschen schlaff geworden, hat sich gehen lassen als geist und nur noch kleine dinger gedreht", morten kratzte sich nachdenklich am kopf, "....das muss man verstehen, er weiss genau, dass er eine wirklich gute tat vollbringen muss, um erlöst zu werden. und gelegenheiten, wirklich gute taten zu vollbringen gibts ja nicht so oft. obwohl ich meine, dass diese verottete familie durchaus welche nötig hätte."

"aber papa!", märtha griff nach veroniques hand, "das ist doch jetzt auch unsere familie!"

"das klären wir später", sagte morten. "ich schlage eine seance vor, um ihn zu rufen und um hilfe zu bitten."

eine seance! mir wurde schwach.

"und schon wieder fällt sie um", sagte veronique.

"heloise wär eigentlich kein schlechtes medium!"

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