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Capitano Clemente (32)

"Sandoch'khan, he!" rief Miranda zu dem jungen Mann herüber, der schon eine Ewigkeit über die Reling auf's Wasser starrte. "Jetzt reicht's!"

Sandoch'khan fuhr zusammen.

"Woran denkst du? Eine Dublone für deine Gedanken. Nicht, dass ich eine Dublone hätte."

Sandoch'khan drehte sich um. "Ich denke an zu Hause. Wir sind jetzt schon so lange unterwegs. Vielleicht kommen wir zu spät. Ich habe Angst. Vielleicht ist alles umsonst."

"Das wissen wir nicht! Und solange wir es nicht wissen, machen wir weiter. Ganz einfach." Miranda ließ das Steuerrad einmal herumschnurren und fixierte einen Punkt am Horizont.

"Das sagst du so daher, oder? Um mich zu trösten. Die Inselgärten. Wie schnell der Mond über den Inselgärten aufgeht. Plötzlich steht er rund und groß, als hätte es nie des Tages Hitze und Helle gegeben. Der Duft der wilden Mangos, der Lotusblüten, der Binsen!" Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. "Ich habe Angst, dass das, was ich wiederfinde, etwas anderes sein wird als das, was ich verloren habe."

Miranda schüttelte den Kopf. "Nichts bleibt, wie es ist. Nichts auf der Welt. Außer der Dummheit der Menschen und Granitstein."

Sandoch'khan schaute sie bewundernd an. "Jetzt klingst du wie ein Weiser von Wundubar, Miranda!"

Miranda schniefte durch die Nase. "Wohl eher wie ein schmalziger Balladensänger am Samstagabend in der letzten Hafenkneipe. Aber macht nichts, mein Junge. Das wird schon."

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die sehnsucht des capitano clemente (31)

das messer schnellte mit einem sanften pflupp in den hölzernen stützbalken, um dann laut schnarrend nachzufedern.

"hör endlich auf damit!" capitano ochsenfrosch durchmaß mit großen schritten die kajüte. "die messerwerferei kannst du dir für später aufheben!"

er wischte sich seinen fast kahlen schädel (drei haare noch spannten sich von ohr zu ohr). "wir müssten sie längst eingeholt haben. wenigstens sehen müssten wir sie! ...mit ihrer lächerlichen jolle."

ein weiteres messer sirrte ins holz.

"es ist, als ob sie vom horizont verschwunden wären... ich verstehe das nicht." capitano ochsenfrosch zog ein großes schmutziges spitzentaschentuch aus dem ärmel und versuchte, sich die schweißigen hände trocken zu reiben. warum nur waren seine hände immer feucht, fragte er sich und entschied, das nächste mal, wenn er in alexandria wäre, seine hände von einer zauberin besprechen zu lassen.

"unsere zeit wird kommen", flüsterte heiser der mann, der nur der messerwerfer genannt wurde und warf sein letztes messer für diesen abend.

es traf genau ins ziel.

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wir lagen vor madagaskar und hatten die pest an bord.

(just scheu, 1934)

wir lagen vor abfahrt goslar und hatten ein fest im ford.

(werner, ?)

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die sehnsucht des capitano clemente (30)

der mondschein glitzerte auf dem wasser. capitano clemente und palamède plumeau spazierten eine letzte runde über das deck.

"was haltet ihr von dieser geschichte, sir?" der capitano fühlte sich ratlos. die drei männer vom floss schienen alles andere als gefährlich, doch waren sie ganz und gar befremdlich.

"ihr seht auch mich überfragt". palamède plumeau überlegte lange, ehe er antwortete. die wellen schlugen glucksend gegen die bordwand. "haltet mich für kühn, aber ich glaube, es gibt sie eigentlich gar nicht."

"natürlich gibt es sie!" der capitano wischte sich mit einer heftigen bewegung das haar aus der stirn, "sie haben zinedinho aus dem wasser gefischt! und sie sitzen genau jetzt auf dem achterdeck und singen! hört ihr das denn nicht!"

der wind trug einen zarten dreistimmigen gesang über das wasser.

"zinedinho hat glück gehabt. grosses glück." antwortete palamède plumeau langsam.

"capitano, ihr habt einen auftrag. ihr seid ausgesandt, die insel wundubar vor einer besetzung durch königliche truppen zu bewahren. ihr seid mit einem kleinen schiff unterwegs, und capitano ochsenfrosch ist euch mit seinem grossen kriegsschiff auf den fersen. ihr habt eigentlich wenig chancen, oder? die wahrscheinlichkeit, dass er euch einholt und versenkt, ist viel grösser. und trotzdem tut ihr es."

"es erscheint mir richtig, sir." antwortete der capitano knapp.

"könnt ihr ein scheitern wirklich in kauf nehmen?" palamède plumeau sah auf einmal sehr streng aus.

"ich kann es für mich in kauf nehmen, sir. für die anderen natürlich nicht." der capitano senkte den blick, während ihm zum hundertsten mal das schreckensszenario durch den kopf schoss, wie es wäre, auch nur einen einzigen matrosen zu verlieren.

"seht ihr, capitano, die rechnung geht niemals auf." über palamède plumeaus gesicht huschte ein trauriges lächeln. "alleine in einem boot die insulaner warnen, das wäre eine saubere sache. aber das ist nicht möglich. ihr kämet niemals an. es geht nur in gemeinschaft. und eigentlich sind vor allem wir schuld, weil wir euch beauftragt haben."

der capitano schwieg.

"die drei blumenkranz-männer, sir, die kann ich auch nicht einordnen. vielleicht stehen sie für eine mächtigere idee als die, die wir verfolgen. vielleicht sollten wir uns einfach glücklich schätzen, dass wir ihnen begegnen durften." palamède blieb stehen. "schaut, der mond. ist es nicht eine wunderbare nacht?"

die beiden hingen noch lange ihren gedanken nach.

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die sehnsucht des capitano clemente (29)

"ich kann mich eigentlich an gar nichts erinnern", zinedinho kratzte sich am kopf.

der capitano hatte die ganze floss-besatzung inklusive floss an bord genommen. überglücklich umarmten die freunde zinedinho, nur maat hein weinte noch ein bisschen. vor freude.

"also, ich bin gefallen - und dann war ich weg - und als ich wieder da war, lag ich auf dem floss. und da waren diese drei netten männer und haben sich um mich gekümmert, haben mir zu trinken gegeben und so."

"und nüsse, zinedinho, nüsse haben wir dir auch gegeben", ergänzte einer der drei flossfahrer freundlich. "ihr menschen müsst ja auch essen."

"ja, stimmt, nüsse auch, total lecker", zinedinho nickte. "und gesungen haben sie für mich. das kamm-lied."

"das kamm-lied?" der capitano runzelte die stirn.

"wir haben einen klassiker der friedensbewegung für ihn gesungen. wir dachten, das würde ihm gut tun." alle drei langhaarigen strichen gleichzeitig über ihre gitarren und liessen einen sanften akkord erklingen.

"mi schä o kamm! ...es ist toll!" zinedinho schnippste mit den fingern, "kennt das keiner?"

"we shall overcome!" korrigierte einer der langhaarigen. "oder kam das erst später?"

die drei männer vom floss steckten die köpfe zusammen und berieten sich kurz in einer fremden sprache.

"ja, wir haben uns geirrt", seinen blumenkranz festhaltend, wandte sich der sprecher der flossmänner wieder an den capitano. "dieses lied kommt erst sehr viel später. aber es ist trotzdem hübsch."

"das kamm-lied ist total irre", zinedinho versuchte zu erklären, "es geht nämlich so: man hat feinde, aber man haut nicht drauf. man überwindet sie einfach. so von innen. ...ist das nicht der hit?!"

der capitano konnte nicht mehr folgen. "meine herren, wer seid ihr? und was tut ihr mitten auf see auf einem floss?"

"wir lassen uns treiben, wir tun das manchmal sehr gerne." die drei männer lachten fröhlich, als hätte jemand einen geheimen witz gemacht.

"aber wie geht denn das!", maat hein wollte es nicht begreifen. "auf eurem floss haben wir nichts gefunden ausser einem krug wasser und einem säckchen nüsse! und ihr habt nicht einmal ein segel!"

"wir leben von luft und liebe. das ist ganz einfach für uns. wir brauchen nicht mehr."

"könnte ich wohl noch so eine nuss haben?" fragte zinedinho höflich. "ich habe hunger."

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die sehnsucht des capitano clemente (28)

"mi schäää o kahahammmm!"

heinz blinzelte in die sonne. er rappelte sich auf, nur niemandem sagen, dass er im mastkorb eingeschlafen war. er rieb sich die augen und warf einen blick über die see. nach norden: alles glatt und ruhig. nach osten: sehr schön, der sonnenaufgang.

"mi schäää o kahahammmm!"

wer singt denn da so scheusslich, dachte heinz, und das am frühen morgen. er drehte sich nach westen. nichts neues.

"plingpling!"

ob miranda eine gitarre mitgenommen hat? heinz schaute nach süden. und dann blieb ihm die spucke weg.

auf dem offenen meer trieb ein floss. auf dem floss sassen vier männer. drei von ihnen spielten gitarre und sangen. sie trugen weich fliessende gewänder und blumenkränze im haar.

"mi schäää o kahahammm!"

der vierte mann sah ganz normal aus. er wiegte sich im takt zur musik und winkte. heinz hatte plötzlich das gefühl, seine beine verwandelten sich zu mulm. er kippte fast aus dem korb und brüllte:

"Z I N E D I N H O !!!"

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die sehnsucht des capitano clemente (27)

maat hein stand drei tage und drei nächte an der reling. manchmal brachten ihm die matrosen oder miranda oder der capitano zu essen und zu trinken. maat hein verweigerte bis auf das wasser alles, vor allem verweigerte er jeglichen guten zuspruch.

das flicken der segel war anstrengend, aber keine unlösbare aufgabe gewesen, und das schiff hatte wieder fahrt aufgenomen. der wind war unseren freunden gewogen, als hätte er nie etwas gegen ihre mission einzuwenden gehabt.

als der vierte morgen seiner wache heraufdämmerte, glaubte maat hein etwas über dem meer zu erkennen. einen kleinen punkt, der auf den wellen tanzte. er rieb sich die schmerzenden augen. der kleine punkt schien näher zu kommen, grösser zu werden.

"zinedinho!" maat heins stimme brach, nur ein leises krächzen kam aus seiner kehle. er liess die reling los und stürzte über das deck. seine beine versagten ihm ihren dienst.

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die sehnsucht des capitano clemente (26)

die segel hingen in fetzen. im schimmer des morgenlichts, so klar, als hätte es nie eine stürmische nacht gegeben, bot sich dem capitano ein trauriger anblick. das schiff hatte den sturm überstanden, doch um welchen preis. palamède plumeau sprach leise auf miranda und yippino ein, heinz stand weinend bei ihnen. till und tull sprangen wie wahnsinnige über das deck, hier etwas richtend, da etwas über bord schmeissend. sandoch'khan hatte sich tief im schiffsbauch verkrochen.

maat hein stand an die reling gelehnt und starrte über das meer. der capitano trat vorsichtig zu ihm und berührte ihn an der schulter.

"maat hein. komm, es hat wohl keinen sinn."

maat hein antwortete nicht.

"ich habe auch keine worte...", der capitano räusperte sich, "aber wir müssen..."

maat hein drehte sich abrupt zum capitano. "es ist mir egal, ob es sinn hat!" er brüllte, als wolle er noch einmal einen sturm heraufbeschwören. "ich werde hier stehen bleiben! solange, bis ich zinedinho entdecke! er ist ein guter schwimmer! vielleicht treibt er irgendwo!"

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