andersneu
Dienstag, 20. April 2004
eine heizdecke.

so eine gescheckte (braun-mokka mit langen grannen). völlig verknickert und steif nach ewigtelefonat aus der zimmerecke (aussenwände, aussenwände!) gekrochen und blauhändig festgestellt, dass doch nur april ist. beim telefonieren aber so, wie soll ich sagen, innerlich warm, dass ich die garstige kälte gar nicht bemerkt habe. oooohjeh! und dann dieser stechende schmerz in der ferse beim aufstehen!

so ein beheizbares zimmer-telefonier-zelt. ein kommunikations-tipi für die übergangszeit. das wäre grossartig.

ja, ja, man könnte sich auch einfach ins bett legen und von da aus die welt regieren. aber das geht einfach nicht für mich. ich finde auch im bett essen schrecklich, fernsehen im bett weckt ganz böse erinnerungen! im bett hat man zu schlafen, zu lesen oder ganz privat zu kommunizieren.

also heizdecke. sieht der am anderen ende ja nicht. ha.

... Link


Freitag, 16. April 2004
winter aus, blumen an.

ein balkon will auch mal schön sein. die orange-ockerigen stiefmütterchen dann doch nicht genommen. erde unter den nägeln, t-shirt, ein bisschen schwitzig. ist das schön. der hund liegt im sonnenfleck. kaffee? klar.

... Link


Montag, 5. April 2004
und dann fahren alle nach thailand,

ins paradies. blablabla -

und mir fallen dazu nur tot-tier-gemusterte sitzgruppen ein.

... Link


Freitag, 2. April 2004
heut

ein silbernes haar entdeckt.

noch mehr überraschungen.

... Link


Donnerstag, 1. April 2004
heimweh hab ich.

manchmal, wenn mir komisch wird in schwaben, dann nehme ich mein fahrrad und fahre auf die hochebene der alb. egal, ob der wind von rechts oder links oder von vorne oder hinten bläst.

oben auf der alb, da ist alles flach. so wie bei mir zu hause, im hannöverschen. im hannöverschen können sie die wolken von ganz weit kommen und gehen sehen. das ist so schön. sie sind so schön, diese wolken. man baut rüben an zuhause, manchmal auch hafer und roggen. niemals mais.

und es gibt kaum apfelbäume wie hier, jetzt. apfelbäume. apfelbäume: sagte ein könig in württemberg: diese menschen sind so arm, und so viel steine liegen auf ihren feldern. sie sollen apfelbäume anpflanzen. dann haben sie im winter immer etwas zu essen.

mit dem rad. in einem auto würde das für mich nicht gehen. es muss das rad sein. ich spüre gerne meine kraft, wenn ich komisch bin und ein stück heimat suche. es hat mit dem genuss am eigenen fortkommen zu tun.

fahren. oben angekommen dann der wind (wenn man nach einer schweren steigung oben ankommt, ist es immer wie mit dem wind): dann ist da diese illusion von heimat. dann ist alles flach. hochebene. wolken. seufzen. so schön. flach. solange niemand den mund aufmacht. hannöversch. wie seltsam sie alle sprechen hier. wie arrogant ich bin. und was weiss ich. heimat doch immer da, wo die menschen sind, die man mag. geographie, dialekte, kleidung, egal. wolken, äpfel, mais. das ist doch nicht wichtig.

ich kann nur die kalibergwerke nicht finden. das macht mir so etwas wie weh.

halten sie mich ruhig für verrückt. aber die hannöverschen kalibergwerke. die schönen riesen in der rübenwüste. sie, sie ändern ihre farbe mit dem wetter. mal weissgrau, dann wieder mehr grauweiss. die tristesse dieser unglaublich einsamen, schönen kalibergwerke im hannöverschen. diese, ach, wenn sie wissen, dann wissen sie jetzt, was ich meine: diese kalibergwerke. auch die vorstellung, man könne mit einem vw-käfer unter der erde, durchs salz, unter der erde von sarstedt bis nach peine fahren (vielleicht hat die geschichte nie gestimmt).

machmal möchte ich nur von sarstedt nach peine unterwegs sein.

... Link


Freitag, 12. März 2004
mit dem patron nach lourdes.

immer, wenn man denkt, man wüsste jetzt endlich, wer er ist, schlägt er einen haken. wir telefonieren, und er sagt:

"hallo. ich möchte mit dem patron nach lourdes fahren! was hältst du davon?"

"ja, das ist ja schön. aber welcher patron? und wieso nach lourdes?"

"wieso soll ich denn nicht nach lourdes fahren? ich war noch nie in lourdes!"

"äh ja, und wer ist der patron?"

"NA, MEIN PATRON, der GRAF natürlich!"

"ach so?"

"MEIN PATRON, der schützend seine hand über mich hält! den kennst du doch!! du warst doch mit dem sohn in der achten klasse...."

mein vater ist seit 4 jahren bettlägrig und lebt in einem pflegeheim. bis jetzt konnten wir nie irgendwelche zeichen geistiger verwirrtheit feststellen. radio und tv lehnt er ab, liest aber jeden tag die faz komplett durch, studiert religionswissenschaftliche bücher und erfrischt sich zwischendurch mit gedichten von goethe und seltsamerweise sarah kirsch. weltlichen ballast hat er von sich geworfen, seine antiquitätensammlung ist verkauft, nur drei ausgewählte bilder noch hängen an der wand seines heimzimmers. ein goya-druck aus dem 19. jahrhundert ("der ketzer"), eine blätterstudie von moritz von schwind und ein kleiner hase in öl eines unbekannten holländischen meisters.

je älter er wird, desto mehr rutscht er in eine geheimnisvolle konservative welt hinein. am anfang haben wir noch witze gemacht, dass das tägliche lesen der faz eben nicht so ganz gesund ist. aber das ist es natürlich nicht.

ganz straight von links nach rechts. man könnte ein lineal anlegen. er war mal kommunist (studentenagitation, semesterferien-fabrikarbeit-mannfredkrug-schweissernarbe aus der giesserei), dann hatte er eine weile (25 jahre) das spd-parteibuch in seiner schublade liegen. jetzt sagt er sätze wie "der teufel in stuttgart hat doch so eine schöne mehrheit!" und "wär es nicht schön, wenn wir wieder einen könig hätten." und fängt an, an adlige patrone zu glauben. und lourdes. er ist nachkriegszeltevangelisiert. und die nachkriegszeltevangelisierung hat grosse teile seines lebens bestimmt. katholisch war ganz lang das allerletzte.

irgendwie kommt er in irgendetwas....nach hause. nach hause. heim. eine welt mit autoritär bestimmten unten und obens. und
er fühlt sich wohl da. ein zuhause, das ich überhaupt nicht verstehe. katholizismus, royalismus.

"lourdes, glaubst du denn daran?"

"aber ich war noch nie in lourdes!!!"

vielleicht sind es die vier jahre pflegeheim. und das tägliche schauen auf goyas ketzer, auf die schwindsche blätterstudie und auch auf den kleinen holländischen hasen.

vielleicht ist das aber auch nur er selbst in reinform. was soll man sagen. hab ihn mir nie ausgesucht als vater, und er hat mich nie gewählt als tochter. aber man ist so alt, dass man die lage ohne bitterkeit betrachten kann.

nur wundern tut man sich, wundern. manchmal immer noch.

... Link


Montag, 8. März 2004
schnell, noch 1 stunde und 26 minuten weltfrauentag.

was ich bei almodovar so mag: die frauen können noch so vom schicksal gebeutelt sein, sie haben immer noch die kraft, der welt eine handtasche auf den kopf zu hauen, wenns drauf ankommt.

fein.

... Link


Dienstag, 2. März 2004
ryan, ryan.

dieser kleine junge will mir gar nicht mehr aus dem kopf gehen.

ryan: er ist 12 und hyperaktiv und hat einen windmühlenkörper, der niemals stillsteht. heavy-rotation-ryan. er erzählt hundert geschichten, ob man sie hören will oder nicht. unterentwickelt, aber begabt und intelligent. und er nervt wie die hölle, er ist entsetzlich agressiv. dünn wie ein strich, verhungerte augen, suizidal.

hab ihn so gern (kann nicht mal sagen, dass er mich an irgendwas erinnert, so fremd in seinem spackentum. was haben sie ihm bloss für einen mist reingetan. er ist doch noch so klein, für wen muss er bezahlen).

mich neulich wieder geärgert über common lehrerbashing. ja, wir können die guten lehrer wohl alle an einer hand abzählen. aber die, die für daumen und zeigefinger übrig bleiben. die begeben sich immer wieder in griechische tragödien hinein, unerwünscht. die haben eine rechtsschutzversicherung, es geht nicht anders. die schlafen manchmal schlecht, weil sie von sonstwas träumen, in das sie sich einmischen. die heulen manchmal vor wut über fremdes unglück und eigene machtlosigkeit und kriegen ein rückenleiden.

morgen ist mittwoch. unter anderem auch ryan-tag. die klassenlehrerin wird ihn vom bus abholen. er kommt nicht mehr von selbst in die schule, seit er weiss, das man ihn wohl in eine anstalt stecken wird.

nachmittags seh ich ihn dann. zu mir kommt er noch freiwillig. aber was kann man nur tun. was kann man nur tun.

... Link


Freitag, 27. Februar 2004
trübtassenterror.

ich hätte einfach ganz laut schreien sollen.

danach sofort leben reingeholt. ohja.

... Link


Dienstag, 17. Februar 2004
...

kaltwassermorgen.

dann aber auch. ein bisschen fast wie frühling.

(abends ruhe.)

... Link


Online for 8186 days
Last modified: 30.05.18, 23:40
Status
Sie sind nicht angemeldet
Main Menu
Suche
Calendar
November 2024
So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.
12
3456789
10111213141516
17181920212223
24252627282930
Mai
Kommentare

RSS feed

Made with Antville
Helma Object Publisher