andersneu
Montag, 31. Mai 2004
tütensuppe, marmelade und hund.


jan kam an im weissen trenchcoat, wie von quelle, seine eltern hatten bestimmt zusammengelegt. im westen trägt man sowas, du sollst anständig aussehen: westleute sind biznesleute, zieh das an. nasser seitenscheitel und blond wie ein küken, geel als een geusseltje, sagten die leute, wir waren ja in holland, genau gesagt in amsterdam.

meine eigene geliebte und gelebte studentenboheme wurde in dem moment als jan auftrat, zu etwas ziemlich fadenscheinigen. der jan, der hatte wirklich nichts. klar hab ich auch geputzt, aber nur fürs taschengeld. jan musste richtig kämpfen. food & shelter, food kam paketeweise aus tschechien von zuhause, meistens tütensuppen und marmelade, shelter ergab sich, als er in eine wg ziehen konnte mit aleksandr "immer-zweieinhalb-stunden-zu-spät" aus russland ("wättr war so schlächt, sorry, sorry") und hong fu aus china ("ich könnte euch einen hund zaubern, da würde euch das wasser im munde zusammen laufen!").

die ostjungs-wg. und es gab immer genug tütensuppen und marmelade für alle. los, wir machen party! kommst du auch, nein, musst du nichts mitbringen, aber komm, komm! unendlich gastfreundlich, das, was sie hatten, teilten sie sofort und ohne fragen. ihre probleme in holland waren noch mal ganz andere als meine. ich war zwar nazi, was auch ziemlich nervte (alle schaffner, schalterbeamte und conciergen sagten immer "JAWOLL" zu einem, und die hölzenbein-das-schwein-74-geschichte musste ich mir natürlich auch tausendmal anhören), aber jan, aleksandr und hong fu waren nochmal, wie soll ich sagen, "richtigere" fremde. bei ihnen ist mir das zum erstenmal bewusst geworden. was das heisst, fremd sein, geduldet sein, oder gast sein, willkommen sein. und die komischen stücke geschichte, die man plötzlich in seinem rucksack entdeckte, obwohl man eigentlich nur jung war und was neues erleben wollte und dachte, man hätte noch gar nix in seinem rucksack. ah, du deutsch, macht nix. kann man nicht aussuchen. ist so. machen wir party und reden!!

diskutiert wurde bei ihnen immer, dauerthema kommunismus, die drei waren ja auf ihre art "prototypen" der systeme. nicht, dass irgendjemand sie so bezeichnet hätte, aber sie sahen sich selbst so und kletterten gerne aneinander hoch, wobei hong fu die diskussionen regelmässig gewann, wenn er seine trumpfkarte zog: "ihr wollt opfer des kommunismus sein, haha, ich bin CHINESE, und ihr habt alle keine ahnung, schon mal ne pfanne zum schmelzen abgegeben? HE?".

jan liess seinen trenchcoat ziemlich schnell im schrank verschwinden, is uncool, gäht nicht, und machte einen ganz gutbürgerlichen weg als musiker und lehrer, seine eltern sind wahnsinnig stolz auf ihn. aleksandr vermasselte eine vielversprechende pianistenkarriere, weil es in ihm immer so viel regnete. hong fu überflügelte sie alle, nagelte sein komponistendiplom an die wand und zog einen super-techno-schuppen in shanghai hoch: "was willst du, alles nur ein spiel. spielen wir eben westen".

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