andersneu
Freitag, 5. Juni 2009

1 "Du gehst?", brüllen mir die Rosen vorm Haus zu, die dieses Jahr, nachdem sie das letzte Jahr eher gemickert sind, in Pracht und Feinheit, Schönheit und Fülle explodieren. "Ist uns doch egal!"

2 Wer aber kann schon von sich behaupten, er habe 10 Jahre in einem Haus mit einem Tonnengewölbekeller gewohnt, das mindestens bis ins 17. Jahrhundert zu datieren wäre? Neulich beim Scheunenrenovieren hat G. zwei Töpfe ausgegraben. Feine Tontöpfe, wohl erste Hälfte 19. Jahrhundert, in denen Nachgeburt bestattet wurde.

3 Wir ziehen demnächst in ein himmelblaues Haus.

4 Das himmelblaue Haus hat einen berlinischen Tonnengewölbekeller von 1900. Ich hab mal probeweise mit den Fingern über die Ziegel gestrichen. Porös, überraschend warm, muffig.

5 Im Hof liegt ein Asphaltdeckel. Das ist natürlich unschön, sagt der Vermieter.

6 "Aber Sie haben Wurzeln geschlagen!" sagt die Analytikerin und ich weine ein bißchen vor angenehmer Rührung.

7 Unser beruhigend langsam mahlendes Seelenwerk.

8 Das Pflaster, der Asphalt, die Steine, die Gehsteige, die Strassen, die anderen Häuser, die Brandmauern, die Balkone, die Kreuzungen, die Fahrradwege um das himmelblaue Haus herum.

9 Dichtbei ein ehemaliges Schlachthofgelände, auf das townhouses Reihenhäuser gebaut wurden, sehr beliebt. Und eine Grünfläche, auf der die Hunde von Punks und Neonazis miteinander spielen.

10 Stadtstaub.

11 "Die Schlacht gegen die Blattläuse müßt ihr demnächst alleine schlagen", sag ich zu den Rosen.

12 "Keine Sentimentalitäten", sagen die Rosen, "Time is up!"

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