andersneu
Freitag, 6. März 2009

1 Edward? ...Mein Gott, nein. Er meidet die Gesellschaft.

2 Ich meide heute abend auch die Gesellschaft. Und via arte flimmert die xte Verfilmung von sense and sensibility über den Schirm. Sofort diffuse Sehnsucht nach Musselinkleidern, von außen weiß gekalkten Häuschen und englischen Wiesen.

3 Oh liebe Jane Austen. Messerscharf beschreibt sie die Probleme, die eine beschränkte Gesellschaft den Frauen zumutet (zumindest den Frauen einer bestimmten Schicht).

Und wie beschränkt auch unsere deutsche Gesellschaft ist, die berufstätige Frauen, sobald sie Kinder bekommen und keinen traditionell miserabel bezahlten Dienerinnen-Job ausüben, gerne wie Leergut behandelt.

4 Hab auch angefangen West Wing zu schauen. Fiel aber direkt nach The Wire arg ab. Beziehungsweise fällt gar nicht ab. Es ist etwas ganz anderes und es ist ziemlich unterhaltsam. Flinke, smarte Dialoge und ein ordentlich nervender Big-Daddy-für-alle-Präsident. Bin aber erst in der ersten Staffel und kann eigentlich noch gar nischt sagen. Zwei Sachen find ich allerdings tatsächlich bis jetzt blöd: daß sich am Ende des Tages immer alle irgendwie lieb haben müssen - und diese schreckliche Filmmusik! Bei jeder patriotischen Gefühlswallung wallt auch diese schreckliche arme Trompete auf und muß ihr schrecklich einfältiges Gefühlswallungslied blöken. Ach, waren das noch schöne Zeiten, als es noch schöne Forts gab mit schönen Türmen, auf denen einsame Trompeter ergreifend schlichte schöne Melodien bliesen. Deiner sei auch nicht vergessen, kleiner Trompeter.

5 (Ich bin natürlich doch ungerecht. Es gab keine einzige Folge, in der ich nicht auch herzlich gut unterhalten gekichert hätte. Mir steht nur meine frische The Wire-Erfahrung im Weg. Diese fantastisch kompromißlose Ernsthaftigkeit! Die Schreiber, die mir, dem Zuschauer etwas zuzumuten wagen, die mir mit von der Straße abgelauschter Sprache erzählen von Dingen, die weit außerhalb meines Radius liegen und die mich atemlos mitten hinein nehmen in ihrer Erfahrungswelt. The Wire ist für mich etwas Einzigartiges, tief bewegendes gewesen. Höchstens zu vergleichen mit der Erfahrung einer gelungenen Faust-Inszenierung oder einem großen Wagner-Ring.)

6 Vielleicht ist es ja gut, daß The Wire so für sich steht. Sonst käme ich, wie der arme Edward unter Punkt 1, gar nicht mehr zur Türe hinaus.

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Last modified: 30.05.18, 23:40
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