andersneu
Sonntag, 11. Dezember 2005



nach der schule, nach dem mittagessen, nach dem hausaufgaben machen ging ich in den garten oder mit den nachbarsjungs, detlef und marco, in den wald. in den garten ging ich alleine, um bei gutem wetter zaubertränke aus blättern herzustellen und bei schlechtem wetter zu matschen. in den wald ging ich nur zusammen mit detlef und marco.
der wald war gefährlich. zum einen wegen der wilderer, an die wir wegen der sonntagnachmittäglichen heimatfilme fest glaubten, zum anderen wegen seiner ungeordnetheit und seiner unheimlichen geräusche. die wilderer sahen wir nie, waren uns ihrer anwesenheit aber absolut sicher. jede reifenspur auf dem waldweg ein indiz, jeder abgebrochene zweig ein beweis. wir überlegten lange und intensiv, wie wir uns verhalten würden, wenn wir einem von ihnen begegneten, nur um immer wieder zu dem schluß zu kommen: wenn einer kommt, dann ist alles zu spät. und um uns herum knackte, schrie und piepste es.
die blumen, buschwindröschen im frühling, die wir unseren müttern nach hause mitbrachten, verdorrten schon auf halber strecke, und die besonderheit und schönheit eines vereisten zweiges im winter hielt in unseren behandschuhten händen gerade mal bis ins treppenhaus.
die besuche im wald hatten immer auch etwas unbefriedigendes. der wald war undurchschaubar. die gefahr, die sich niemals ganz zeigte, jedoch immer andeutete, wuchs in unseren köpfen zu etwas ungeheuerlichem. wir erwogen buden zu bauen und pfade anzulegen, waren uns aber schon bei der planung bewusst, dass das lächerliche unterfangen waren. gegen den wald, seine bewohner und seine rechtmässigen herrscher, gegen die wilderer, waren wir machtlos.
die bäume und blumen, kraut und gebüsch fielen auch unter bewohner, mit vegetation hatte es nichts zu tun. mit beseeltheit, gar romantischer, auch nicht, es gab einfach keine grenze zwischen tier und pflanze (anders im garten. hier waren die pflanzen nur pflanzen, ganz gebändigt von jägerzaun und rasenmäher, und auch die bäume erfüllten nützliche aufgaben).
die während der herbst- und frühlingsmanöver im wald herummanövrierenden soldaten beängstigten uns dagegen nicht im geringsten. wenn uns ein mit tarnfarben bemaltes gesicht aus einem gebüsch heraus anstarrte, winkten wir im vorbeilaufen und befanden die soldaten für lächerlich. was für erwachsene spielen denn noch verstecken im wald.

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Last modified: 30.05.18, 23:40
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